Es geht uns um soziale Wirkung: Oikocredits Engagement in Kambodscha
Antwort von Oikocredit auf Kritik an Investitionen in Mikrofinanz
In Kambodscha leben ungefähr 16,7 Millionen Menschen. Durch Wirtschaftswachstum hat sich das südostasiatische Land in den letzten Jahren dem Status eines Landes mit mittlerem Einkommen genähert. Dennoch leben immer noch rund 2,5 Millionen Kambodschaner*innen und damit 14,7 Prozent der Bevölkerung unterhalb der nationalen Armutsgrenze¹.
Wir sehen eine Aufgabe für Oikocredit darin, Menschen mit geringen Einkommen in Kambodscha den Zugang zu verantwortungsvollen Finanzdienstleistungen und somit Möglichkeiten zu eröffnen, ihre Lebenssituation zu verbessern. Hierfür arbeiten wir mit sorgfältig ausgewählten Partnern zusammen, die unsere Werte und sozialen Ziele teilen und sich zu hohen Standards beim Kundenschutz verpflichten.
Als privatwirtschaftlicher Akteur arbeitet Oikocredit mit der Privatwirtschaft und der Zivilgesellschaft in einem Land zusammen, in dem ein Bedarf und eine Nachfrage nach verantwortungsvoller Mikrofinanzierung besteht. Kambodscha ist hier ein Land mit einer eigenen besonderen Historie: Zum Ende des Rote Khmer Regimes lag das Land am Boden. Formelle Bildung, Wirtschaft und Finanzwesen gab es praktisch nicht mehr. Der Finanzsektor wurde anschließend von internationalen Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen wie der Weltbank, der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KFW) oder der niederländischen Entwicklungsbank FMO aufgebaut, was für internationale Investor*innen ein gewisses Vertrauen in Bezug auf potenzielle Korruption bedeutet. In dieser Zeit gründeten sich auch viele Mikrofinanzorganisationen und übernahmen sowohl Schulungen zu Wirtschafts- und Finanzfragen als auch die Vergabe von Krediten. Im Laufe der Jahre sind viele dieser Institute gewachsen. Heute zählt Kambodscha über 80 Mikrofinanzorganisationen, von denen die meisten nicht nur Kleinkredite vergeben, sondern auch mittlere bis große Kredite.
Das Wachstum der Kreditsummen muss nicht per se schlecht sein. In vielen Ländern haben Mikrofinanzorganisationen auch einen Finanzierungsbereich für kleine und mittlere Unternehmen, also für den Mittelstand, der so wichtig ist, weil er für Arbeitsmöglichkeiten jenseits der Selbstständigkeit sorgt. Aber eine Entwicklung zu einer größeren Organisation mit einem breiten Finanzierungsspektrum kann auch weg von der ursprünglichen Sozialorientierung führen. Oikocredit arbeitet in Kambodscha nur mit sieben sorgfältig ausgewählten Mikrofinanzorganisationen zusammen, die unsere sozialen Werte und Ziele teilen.
Kritik und Vorwürfe – die aktuelle Ausgangslage
In der jüngsten Zeit häuften sich kritische Berichte über Mikrofinanzierungen in Kambodscha. Im Dezember 2022 haben drei Nichtregierungsorganisationen (NRO) – LICADHO und Equitable Cambodia aus Kambodscha sowie FIAN Deutschland – bei der Nationalen Kontaktstelle (NKS) der OECD in den Niederlanden einen Fall im Zusammenhang mit Oikocredit International gemeldet. Dieser Fall betraf die mögliche Nichteinhaltung der OECD-Leitsätze im Zusammenhang mit der Finanzierung von Mikrofinanzorganisationen in Kambodscha durch Oikocredit. Die NKS gab am 15. September 2023 bekannt, dass der Fall zur weiteren Prüfung angenommen wird.
Wir begrüßen diesen von der NKS angebotenen Konsultationsprozess, um mit den NRO einen konstruktiven Dialog zu den Anschuldigungen zu führen. Denn die Förderung von Kundenschutz und verantwortungsvoller Mikrofinanz stehen weltweit im Zentrum unserer Arbeit – auch in Kambodscha.
Wichtig ist uns klarzustellen: Die zuletzt sehr kritische und einseitige Berichterstattung zu Oikocredits Aktivitäten in Kambodscha in einigen deutschen Medien entspricht nicht der Realität. Wesentliche Fakten werden ausgelassen und häufig fehlt eine Kontextualisierung.
Verlässliche Daten und Fakten zur Lage in Kambodscha – Studie des Instituts für Entwicklung und Frieden (INEF) der Universität Duisburg
So liefert die Kritik nur einen kleinen und unvollständigen Eindruck von Ansehen und Wirkung des Mikrofinanzsektors in Kambodscha. Dazu berufen wir uns auf eine Studie, die im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) verfasst und im Mai 2022 vom Institut für Entwicklung und Frieden (INEF) der Universität Duisburg veröffentlicht wurde. Die Bilanz dieser bislang einzigen unabhängigen und wissenschaftlichen Studie: Die überwiegende Mehrheit der Kreditnehmer*innen (82,3 Prozent) bewertet die von ihnen aufgenommen Kredite positiv. Zugleich bestätigt die Studie zu 95 Prozent einen respektvollen Umgang der Mitarbeiter*innen von Mikrofinanzinstituten (MFIs) mit den Darlehensnehmer*innen. Auch Fortschritte bei der Regulierung des Sektors werden gewürdigt.
Die Studie bestätigt in Teilen die Problematik der Überschuldung einer Anzahl kambodschanischer Haushalte, eine regional teils vollständige Marktsättigung mit Mikrokrediten, sowie negative Konsequenzen für überschuldete Haushalte. Allerdings sind dafür viele Faktoren verantwortlich – unter anderem die Tatsache, dass weiterhin zahlreiche Kredite von informellen „Kredithaien“ bezogen werden, statt von regulierten MFIs, wie es die Partnerorganisationen von Oikocredit sind.
Wie haben ethisch-verantwortungsvolle Mikrofinanz und die Arbeit von Oikocredit in Kambodscha bisher gewirkt?
Das südostasiatische Land, das auf eine lange Terrorherrschaft unter den Khmer Rouge zurückblickt, hat sich inzwischen zu einem der führenden Akteure in der Armutsminderung entwickelt. Die Armutsrate ist deutlich gesunken, während sich wesentliche Entwicklungsparameter wie Gesundheitsversorgung, soziale Sicherung, Alphabetisierung, Lebenserwartung und Ernährung enorm verbessert haben. Die Wirtschaft des Landes wächst weiterhin dynamisch². Ein wesentlicher Faktor dafür ist die finanzielle Inklusion auch ökonomisch ärmerer Bevölkerungsgruppen, die durch ein wachsendes Mikrofinanzsystem ermöglicht wurde.
Oikocredit arbeitet in Kambodscha mit sieben der insgesamt 84 lizenzierten MFIs zusammen. Bei allen unseren Partnern wenden wir strenge Sorgfalts- und Kontrollstandard an, die auf Grundlage weltweit anerkannter Standards entwickelt wurden, unter anderem den Universal Standards for Social Performance Management der Social Performance Task Force sowie die von der Smart-Kampagne zuerst beworbenen Grundsätze zum Kundenschutz. Wir überwachen zudem kontinuierlich die Leistung und Entwicklung dieser MFIs, prüfen ihre finanzielle Finanz- und Ertragslage sowie klar definierte soziale Indikatoren. Darüber hinaus verlangen wir von allen unseren Partnerorganisationen die jährliche Aktualisierung der ESG-Scorecard. Dies ist ein Instrument zur Analyse der ökologischen und sozialen Auswirkungen, aber auch der Unternehmensführung einer Organisation.
Gemeinsam mit gleichgesinnten Interessenvertretern haben wir dazu beigetragen, den Weg für eine verbindliche Regulierung der Kreditvergabe in Kambodscha mit Schutz vor Überschuldung zu ebnen.
Welche Konsequenzen hätte ein Rückzug aus Kambodscha?
Von einigen Kritikern wurde gefordert, dass sich Oikocredit aus dem Mikrofinanzmarkt in Kambodscha zurückziehen soll. Unsere Haltung demgegenüber ist, dass Kambodscha nicht weniger, sondern mehr ethisch-verantwortungsvolle Mikrofinanzierung braucht. Ein Rückzug wäre kontraproduktiv, da wir als Social Impact Investorin den Markt solchen Geschäftsbanken und MFIs überlassen würden, die kaum Ansprüche an soziale Wirkung und Kundenschutz haben. Deshalb ist unsere Haltung klar: Solange wir einen positiven Einfluss haben und auf Verbesserung der sozialen Standards im Mikrofinanzwesen vor Ort hinwirken können, werden wir uns weiter in Kambodscha engagieren.
Was sind unsere nächsten Schritte?
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Wir setzen uns für weitere Verbesserungen des Mikrofinanzsektors, insbesondere des Kundenschutzes ein und engagieren uns, entsprechende Empfehlungen aus der INEF-Studie gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen und anderen Investor*innen umzusetzen.
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Wir werden in vollem Umfang mit der nationalen Kontaktstelle (NKS) zusammenarbeiten und alle erforderlichen Informationen zur Verfügung stellen.
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Im Rahmen des Konsultationsverfahrens werden wir von jeder Partnerorganisation, die im NKS-Fall genannt wird und neue Finanzmittel von Oikocredit erhalten möchte, neben unserer eigenen Unternehmensprüfung eine zusätzliche, unabhängige Zertifizierung der Kundenschutzprinzipien verlangen.
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Generell diskutieren wir mit unseren Partnerorganisationen und anderen Interessenvertreter*innen die weit verbreitete Praxis der Landbesicherung im Mikrofinanzsektor. Wir stellen sicher, dass alle unsere Partnerorganisationen eine Cashflow-basierte Kundenanalyse durchführen. Das bedeutet, dass das Einkommen der Endkund*innen oder ihres Haushalts korrekt analysiert werden muss, um sicherzustellen, dass die Rückzahlung des Kredits möglich ist, ohne dass die Endkund*innen in finanzielle Schwierigkeiten geraten.
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Konkret heißt das: Wir achten darauf, dass die Kredithöhe in angemessenem Verhältnis zum Einkommen der Kreditnehmer*innen steht (loan to income ratio) .
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Wir verlangen von unseren Partnerorganisationen, dass sie adäquate Anreizsysteme für Kreditsachbearbeiter*innen sicherstellen. Angestellte sollen für die Qualität ihres Kreditportfolios und nicht für die Quantität, das heißt die Anzahl der an Endkund*innen vergebenen Kredite, belohnt werden.
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Schließlich unterstützen wir die Einrichtung einer unabhängigen Kontrollinstanz, bei der Endkund*innen Beschwerden einreichen können. Zu diesem Zweck stehen wir in engem Austausch mit anderen Impact-Investor*innen in Deutschland und den Regulierungsbehörden in Kambodscha.
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Bereits heute können uns anonyme Beschwerden oder Hinweise direkt über unsere Website zur Kenntnis gebracht werden: Complaint - Oikocredit International
¹ und ² Deutsches Bundesministerium für Wirtschaft und Zusammenarbeit (BMZ): www.bmz.de/de/laender/kambodscha
Sie möchten mehr über unsere soziale Wirkung weltweit erfahren? Dann finden Sie hier unseren Wirkungsbericht.
Archiv > 2023 > Dezember
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- 15. Dezember 2023 - Oikocredit Live: Entwicklung und Wirkung der Mikrofinanz
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- 07. Dezember 2023 - Es geht uns um soziale Wirkung: Oikocredits Engagement in Kambodscha
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