Studienreise nach Indien: Zu Besuch bei unseren Partnern
Thomas Eisele, ehrenamtlicher Oikocredit-Regionalrepräsentant für die Steiermark, berichtet über die Arbeit der Partnerorganisationen, die er auf der Studienreise 2023 kennengelernt hat.
Anfang Dezember reiste eine Gruppe von Ehrenamtlichen und Mitarbeiter*innen für eine einwöchige Studienreise von Oikocredit International nach Indien. Dort besuchten die Teilnehmenden Partnerorganisationen und Endkund*innen aus den Bereichen finanzielle Inklusion, sowie erneuerbare Energien.
Die Studienreise umfasste Mitarbeiter*innen und Freiwillige aus den Oikocredit-Förderkreisen aus Österreich, der Schweiz, Deutschland, Spanien und den Niederlanden; sowie Oikocredit-Mitarbeiter*innen aus der Region und der niederländischen Zentrale.
Die Teilnehmenden erhielten Einblicke in die Rolle und die soziale Wirkung von Oikocredit in Indien und sahen die Vielfalt des Oikocredit-Portfolios in diesem Land. Die Beratung der Partnerorganisationen ist für die Arbeit von Oikocredit von zentraler Bedeutung, und die Besuche dieser sind eine wertvolle Gelegenheit, die Arbeit der von uns unterstützten Organisationen aus nächster Nähe zu sehen.
Durchgeführt wurde die Studienreise von der Oikocredit-Tochtergesellschaft Maanaveeya Development & Finance Private Limited. Maanaveeya, was auf Sanskrit "Menschlichkeit" bedeutet, verhilft seit 19 Jahren Menschen in Indien zu einem besseren Leben. Maanaveeya ist bestrebt, durch die Finanzierung von Mikrofinanzinstitutionen (MFI) und Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien zur Stärkung benachteiligter Gemeinschaften in Indien beizutragen und eine nachhaltige Entwicklung zu fördern.
Aus Österreich fuhren der ehrenamtliche Regionalrepräsentant für die Steiermark, Thomas Eisele, sowie der ständige Vertreter des Österreichischen Förderkreises Oikocredit Austria, Klaus Bergsmann, mit.
In nächster Zeit werden sie in diversen Formaten, wie Website-Beiträgen, bei Vorträgen, Workshops uvm., Geschichten, Fotos und Erfahrungen von ihrer Studienreise teilen. Anleger*innen und Mitglieder von Oikocredit, aber auch Interessierte, können sich also auf aufschlussreiche und inspirierende Geschichten und Einblicke freuen.
Zwischen High-Tech und Menschlichkeit
Thomas Eisele reflektiert im Folgenden seine Teilnahme an der Studienreise und teilt, was ihn dabei besonders bewegt hat.
Während meiner früheren Tätigkeit im Tourismus habe ich einige Regionen Indiens wiederholt bereist und war auch immer bemüht, mir ein Bild vom Leben der weniger privilegierten (Land-)Bevölkerung zu machen. Was hat sich seit meiner letzten Reise vor 10 Jahren im Land getan? Welche Entwicklungen gibt es?
In Hyderabad scheint sich (fast) alles um die hier sehr stark vertretene IT-Industrie zu drehen: riesige modernste Bürohäuser, in denen einheimische und vielen internationale High-Tech-Unternehmen ihren Sitz haben. Mehrere Metrolinien scheinen den Stadtverkehr nur etwas zu entlasten. Tatsächlich sind die Straßen verstopft und es gibt schier endlose Staus. Die Fahrbahnen sind in einem guten Zustand, aber es tummeln sich zu viele Fahrzeuge, darunter hin und wieder auch ein E-Auto. Entlang der Straßen gibt es eine Unzahl von kleineren Geschäften und Lokalen bis hin zu großen Einkaufszentren.
Aber die Stadt hat auch andere Seiten. Wir besuchen Narayan Seva Sansthan, ein von Maanaveeya – und weiteren anderen Institutionen – mit Spenden unterstützte Organisation. Unter dem Motto „Heilen – Bereichern – Befähigen“ informiert Narayan Seva Sansthan in mehreren Sprachen über ihre Angebote. Maanaveeya Development & Finance Private Limited unterstützt Narayan Seva Sansthan im Rahmen ihres Programms zur sozialen Verantwortung (CSR). In Indien muss jedes Unternehmen mindestens 2 Prozent seines Nettogewinns für Aktivitäten in diesem Bereich verwenden. So finanzierte Maanaveeya 80 Prothesen, 60 Patenschaften für Schulungen, einen Aufzug und eine Solaranlage auf dem Dach. Die Solarenergie reduziert nicht nur die Emissionen, sondern spart dem Zentrum auch Energiekosten.
Bei Narayan Seva Sansthan werden Menschen mit fehlenden Gliedmaßen wie Armen, Beinen, Händen kostenlos behandelt, erhalten Prothesen angepasst, lernen damit zurecht zu kommen und trainieren die erschlafften Muskeln. Mit dieser Hilfe können sie nach einem Unfall wieder am täglichen Leben, und besonders am Erwerbsleben, teilnehmen.
Wir treffen einen jüngeren Bauern, der an diesem Tag eine Beinprothese bekommen hat und überglücklich seine ersten Gehversuche macht. Seine Geschichte macht uns betroffen: Er wurde von einem Krokodil angefallen und hat bei diesem Angriff ein Bein verloren. Nachdem er mehrere Monate nur notdürftig versorgt war, hörte ein Bekannter von Narayan Seva Sansthan und ermöglichte ihm die Anreise. Nun plant er ein kleines Geschäft zu eröffnen, eine Tätigkeit die er auch mit seiner eingeschränkten Mobilität ausüben kann.
Finanzierungen für eine bessere Zukunft
An einem anderen Tag starten wir frühmorgens und fahren rund 150 km aus der Metropole hinaus in eine sehr ländliche Gegend. Wenige Geschäfte, einfache, aber saubere Behausungen, gleich angrenzend an Felder, die in harter Arbeit überwiegend von Frauen bewirtschaftet werden und die Grundlage für den Unterhalt der Bevölkerung sind. In einem der kleinen Häuser treffen wir eine Gruppe von sechs Frauen. Sie haben gemeinsam von der Oikocredit-Partnerorganisation Spandana Sphoorty Financial Limited einen Kredit erhalten.
Spandana Sphoorty Financial Limited bietet Kredite für einkommensschwache Frauen in ländlichen und städtischen Regionen Indiens an. Die preisgekrönte Finanzierungsinstitution ist seit 2007 Oikocredit-Partner. Spandana stellt unterversorgten Gemeinschaften in ganz Indien Finanzdienstleistungen, wie Kredite und Versicherungen, bereit. Außerdem bieten sie auch Schulungen in finanzieller Grundbildung für alle Kundinnen an. Die Finanzierung von Oikocredit unterstützt die Bemühungen der Finanzinstitution, ihre Kundinnen in ländlichen und städtischen Gebieten sozial und wirtschaftlich zu stärken.
Die Gruppe der Frauen hat heute ihr zweiwöchentliches Treffen mit ihrem Kreditsachbearbeiter, an den sie in bar Tilgung und Zinsen ihres Kredites bezahlen. Die Frauen hatten schon früher Kredite und sind sehr froh, dass sie diese Möglichkeit bekommen. Sie konnten sich mit dieser wichtigen Unterstützung schrittweise ihr Leben und das ihrer Familie verbessern und z.B. bessere Arbeitsgeräte für die harte Bearbeitung der Felder anschaffen. Ein wichtiger Aspekt ist jedenfalls „dass es unseren Kindern einmal besser gehen wird“, sagt Frau Ramulamma, eine Kreditnehmerin von Spandana Sphoorty Financial Limited.
Wertvolle Einblicke in ein faszinierendes Land
Besonders beeindruckt hat mich sowohl bei Maanaveeya Development & Finance Private Limited, als auch bei den Partnerorganisationen die hohe Professionalität und die sehr modernen Arbeitsmethoden in enger Verbindung mit dem Leitbild, einzelnen Personen und der stark wachsenden indischen Gesellschaft als Ganzes zu einem besseren Leben (Nahrung, Bildung, Gesundheit…) zu verhelfen.
Bei meinen früheren Reisen stand mein eigenes Geschäft im Vordergrund: touristische Sehenswürdigkeiten kennenzulernen, mir ein Bild vom Angebot an Hotels, Restaurants, Transportmitteln usw. zu machen. Bei der Studienreise mit Oikocredit habe ich Einblick in die Arbeitsweise der Entwicklungsgenossenschaft und der wichtigen Funktion der Partnerorganisationen bekommen.
Archiv > 2024 > Jänner
- 30. Jänner 2024 - Studienreise nach Indien: Zu Besuch bei unseren Partnern
- 11. Jänner 2024 - 5 Millionen US-Dollar zur Verbesserung der Lebensbedingungen und Ernährungssicherheit in Kenia
- 03. Jänner 2024 - Wie unsere Genossenschaft den Wandel im Jahr 2023 gemeistert hat, stimmt mich zuversichtlich für 2024