Digitale Befragung zeigt soziale Veränderungen aus Sicht der Kund*innen von Oikocredit-Partnern
Die Antworten helfen den Partnern die Leistungen für ihre Kund*innen zu verbessern.
Oikocredit und fünf Partnerorganisationen aus dem Finanzdienstleistungsbereich haben 2021 eine systematische, digitale Umfrage unter den Kund*innen der Partner in Afrika, Asien und Lateinamerika durchgeführt. Die Umfrage fand im Rahmen des Projekts „Outreach to Impact“ statt. Ziel war es, herauszufinden, wie die Kundschaft die Veränderungen in ihrem Leben in den letzten 12 Monaten wahrgenommen hat, welche Auswirkungen die Covid-19-Pandemie auf ihr Leben hatte, und eine systematischere Wirkungsbeobachtung auf Kund*innenebene zu beginnen.
Die Umfrage stützt sich auf die Selbsteinschätzung der Kund*innen, die zwar subjektiv ist, aber dennoch wertvolle Einblicke in ihr Leben bietet. Die Analyse der Antworten wird den Partnerorganisationen helfen zu verstehen, wo sie Unterstützung anbieten oder welche Produkte und Dienstleistungen sie anpassen müssen, um ihre Kund*innen besser zu unterstützen.
Aus den Antworten von über 2.500 Kund*innen geht hervor, dass viele von ihnen im vergangenen Jahr – vor allem aufgrund von Covid-19 – Einbußen bei ihrem Einkommen und ihren Ersparnissen hinnehmen mussten, aber dass sie sich weiterhin widerstandsfähig zeigen. Ein erheblicher Prozentsatz gab an, dass sich extreme Wetterbedingungen negativ auf ihr Einkommen ausgewirkt haben. Die Umfrage zeigte außerdem, dass mehr Kund*innen als erwartet Zugang zum Internet und zu Smartphones haben und dass ein strategischer Fokus auf Ersparnisse die Widerstandsfähigkeit verbessert.
Umfrageansatz und Demographie
Fünf Partner wurden ausgewählt, um an der ersten Umfrage teilzunehmen: zwei Finanzdienstleister in Kenia und jeweils einer in Peru, den Philippinen und Uganda.
Ziel war es, mit sozial ausgerichteten Partnerorganisationen zusammenzuarbeiten, die mit der Nutzung digitaler Kanäle für die Kommunikation mit ihren Kund*innen oder mit der systematischen Erfassung und Analyse von Daten weniger vertraut sind.
Insgesamt haben 2.546 Kund*innen an der Umfrage teilgenommen: 1.256 Kund*innen in Peru, 543 auf den Philippinen, 302 in Uganda und 273 bzw. 172 Kund*innen der beiden kenianischen Partner. Mehr als drei Viertel (77 %) der Befragten waren Frauen.
Auswirkungen von Covid-19
Die Umfrage wurde im zweiten Jahr der weltweiten Covid-19-Pandemie durchgeführt, von der viele der Partnerorganisationen und ihre Kund*innen betroffen waren, in einigen Fällen sogar sehr stark. Es überrascht nicht, dass 67 Prozent der Befragten über negative Veränderungen in ihrem Leben aufgrund des Coronavirus berichteten. Fast zwei Drittel gaben an, dass ihr Einkommen gesunken sei.
Zu den weiteren negativen Veränderungen, die von den Kund*innen berichtet wurden und die wahrscheinlich auf die Pandemie und die von der Regierung verhängten Mobilitätseinschränkungen zurückzuführen sind, gehörten der Rückgang sozialer Interaktionen und Aktivitäten außer Haus. Außerdem – und dies ist von besonderer Bedeutung – gingen weniger Kinder zur Schule.
Viele Kund*innen, die angaben, ein Unternehmen zu haben, berichteten davon, ihr Unternehmen trotz der Pandemie in den letzten 12 Monaten um ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung erweitert zu haben. Andere haben in dieser Zeit in neue Ausrüstung investiert oder eine*n neue*n Mitarbeiter*in eingestellt. Bei Jüngeren war die Wahrscheinlichkeit größer, dass sie ihr Geschäft erweitert oder ihr Einkommen erhöht haben, als bei Älteren. Die Einstellung neuen Personals scheint für die Aufrechterhaltung oder Steigerung des Einkommens effektiver gewesen zu sein als die Einführung eines neuen Produkts oder einer neuen Dienstleistung.
Viele Kund*innen berichteten auch über Verbesserungen innerhalb der Familie, wie harmonischere Familienbeziehungen und eine stärkere Beteiligung an Familienentscheidungen, sowie über eine bessere Fähigkeit, mit negativen Ereignissen wie Covid-19 umzugehen.
Mehr als die Hälfte der Kund*innen des philippinischen Partners gaben an, dass sie nun besser in der Lage sind, für die gesundheitlichen Bedürfnisse ihrer Familie und für Notfälle zu sorgen (und diese zu bewältigen). Bei anderen Partnerorganisationen war dies nicht der Fall.
Einkommensverluste durch extreme Wetterbedingungen
Bei 2.491 Antworten auf die Frage nach den Klimaauswirkungen gaben 1.156 Befragte (46%) an, dass ihr Einkommen in den letzten 12 Monaten durch ein extremes Wetterereignis (z.B. Regenfälle oder Dürre) beeinträchtigt wurde.
Dies galt insbesondere für zwei der teilnehmenden Finanzdienstleister: Ein hoher Anteil der Befragten auf den Philippinen (88%) und in Uganda (51%) gab an, dass ein extremes Wetterereignis ihr Einkommen beeinträchtigt hat.
Nutzen der Umfrage und Zukunftspläne
Durch die Befragung haben sowohl Oikocredit als auch ihre Partner viel über die effiziente digitale Erfassung von Sozialdaten gelernt. Die Partnerorganisationen wissen jetzt mehr über die Nutzung digitaler Kanäle für die Kommunikation mit den Kund*innen, die Erfassung von Antworten, die in ihre eigenen Unternehmenspläne einfließen können, und die Verbesserung der Dienstleistungen für ihre Kundschaft. Eine wichtige Komponente des Umfrageprojekts bestand darin, die Partner bei der Analyse der Antworten und der Anwendung der Erkenntnisse auf ihre Organisation zum Nutzen ihrer Kundschaft zu unterstützen.
Anhand der Umfrageergebnisse konnten die Partnerorganisationen zum Beispiel besondere Bedürfnisse der Kundschaft ermitteln und diese mit bestehenden Produkten oder Programmen abgleichen. Zur Unterstützung der Partner erstellte Oikocredit „Daten-Dashboards“, die es den Partnern ermöglichen, ihre eigenen Fragen auf benutzerfreundliche Weise zu beantworten, indem sie sich auf die Selbsteinschätzungsdaten der Kundschaft beziehen. Diese Dashboards wurden positiv aufgenommen und werden in Zukunft Standard für alle Projektpartner der Erhebung sein.
Oikocredit hat außerdem Webinare organisiert, in denen die teilnehmenden Partnerorganisationen ihre Erfahrungen mit der Erhebung und der Datennutzung austauschen konnten, was ihnen half, alternative Ansätze zu prüfen.
Bei der Gestaltung der Erhebung für das nächste Jahr wird Oikocredit auch die Notwendigkeit berücksichtigen, genauer zu verstehen, wie die Kundschaft ihre Ersparnisse ausgegeben hat, und versuchen, die Ursachen für Veränderungen bei Einkommen und Ersparnissen weiter zu klären. Oikocredit ermutigt die Partner, Basisindikatoren aus der Erhebung 2021 auszuwählen, um die künftigen Veränderungen bei den Kund*innen zu verfolgen.
Auf der Grundlage der Erfahrungen und Ergebnisse des ersten Jahres und der Herausforderungen, mit denen die Partnerorganisationen bei der Anwendung von Sozialdaten in ihrer Organisation konfrontiert waren, wurde ein Schulungswebinar zum Thema Sozialanalyse konzipiert. Dieses wird Teil des Unterstützungspakets für Partner für zukünftige Erhebungen sein. Die gewonnenen Erkenntnisse haben auch zu einem ausführlichen Handbuch geführt, das Oikocredit den Partnern in der nächsten und in künftigen Erhebungsrunden zur Verfügung stellen wird.
Oikocredit will jedes Jahr weitere Erhebungen zur Selbsteinschätzung der Kundschaft mit bestehenden und neuen Partnern durchführen und diese auf weitere Schwerpunktländer ausdehnen. Partner in Kambodscha, Indien und Nigeria haben bereits ihr Interesse für 2022 bekundet.
Hier finden Sie die vollständigen Umfrageergebnisse (Englisch).